Gewerbliche Vermietung: Voraussetzung für coronabedingte Herabsetzung der Miete

BGH: Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Miete wegen coronabedingter Schließung

(Urteil vom 13.07.22, Az. XII ZR 75/21)

 

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung zu Auswirkungen von coronabedingter Geschäftsschließungen im Mietrecht bestätigt. Hintergrund war die Klage eines Vermieters auf rückständige Miete für Mai 2020.

 

Die Mieterin, eine Betreiberin einer Bäckerei mit Stehcafé, hatte die Miete selbstständig um 20 Prozent gemindert, da Sie nach zweimonatiger Geschäftsschließung zwar wieder öffnen konnte, allerdings nur mit weniger Plätzen im Cafébereich. Gleichzeitig beantragte sie beim Vermieter die befristete Anpassung des Mietvertrags aufgrund der zu erwartenden Umsatzeinbußen. Dies lehnte der Vermieter ab.

 

Mit seiner Klage auf Zahlung der ausstehenden Miete war der Vermieter in den Vorinstanzen erfolgreich. Auch der BGH gab ihm Recht. Die Bundesrichter bestätigten dabei ihre bisherige Rechtsprechung, wonach die Mietsache trotz der behördlichen Corona-Beschränkungen mangelfrei gewesen sei.

Die Einschränkungen knüpften nicht an die Beschaffenheit der Mietsache, sondern an den Geschäftsbetrieb der Mieterin an. Auch die Verringerung der bisher 16 auf zehn Plätze im Café führe nicht zu einem Mangel. Die Nutzung der Mietsache sei hierdurch nicht verboten gewesen. „Das Mietobjekt stand vielmehr im Mai 2020 der Beklagten für den vereinbarten Mietzweck vollständig zur Verfügung. Ein Mangel folge auch nicht aus den Gesundheitsgefahren für die Kunden durch die Ausbreitung von Aerosolen im Laden. Auch dies betreffe allein die Verwendung der Mietsache durch die Mieterin, nicht aber die Mietsache selbst. Auch eine Entbindung von der Zahlungspflicht aufgrund Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Vermieter scheide nach Meinung des BGH aus, da es dem Vermieter aufgrund der behördlichen Beschränkungen gerade nicht unmöglich war, den Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Eine Einstandspflicht für entsprechende hoheitliche Anordnungen hatte er nicht übernommen. Schließlich komme vorliegend auch keine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. Dies sei aber grundsätzlich nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema möglich.

 

Die Bundesrichter verwiesen zunächst darauf, dass eine vereinbarte Betriebspflicht und Sortimentsbindung nicht darauf schließen lassen, dass das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall von pandemiebedingter Betriebsschließungen auf den Vermieter übergegangen ist. „Denn hierbei handelt es sich um Regelungen, die für Gewerberaummietverträge nicht ungewöhnlich sind und die für sich genommen nicht zu einer Verlagerung des Verwendungsrisikos des Mieters auf den Vermieter führen.“

Für die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, sei eine umfangreiche Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls notwendig. Zunächst einmal müssten die negativen Auswirkungen auf pandemiebedingten hoheitlichen Maßnahmen bruhen.

Hierzu können laut BGH neben Betriebsbeschränkungen auch Zugangsbeschränkungen wie 2G oder 2G+ gehören, da durch Sie potentielle Kunden vom Zutritt ausgeschlossen werden. Eine allgemeine Kaufzurückhaltung der Kunden aufgrund hoheitlicher Maßnahmen wie die Pflicht zum Tragen einer Maske, seien dagegen nicht ausreichend.

Ebenfalls zu berücksichtigen sind die vom Mieter erhaltenen staatlichen Zuschüsse zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile. Sofern der Mieter behauptet, keine staatlichen Hilfen erhalten zu haben, liegt es an ihm darzulegen und zu beweisen, dass dem wirklich so ist. Kann er den Beweis nicht führen, „muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten.“

 

Vorliegend hatte die Mieterin die Unzumutbarkeit der vollständigen Zahlung der Miete dagegen lediglich mit einem Umsatzrückgang von 20 Prozent begründet. Darüber hinaus lasse der Vortrag der Beklagten auch Angaben zu möglichen Ersparnissen aufgrund Kurzarbeit vermissen. Um beurteilen zu können, Rundschreiben September 2022 6 ob die Störung der Geschäftsgrundlage den Mieter ausreichend belasten, „ist eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situation des Mieters erforderlich, bei der auch die Vorteile zu berücksichtigen sind, die der betroffenen Partei aus der eingetretenen Veränderung erwachsen sind und insgesamt zu einer Entlastung von Kosten führen. Dazu zählen auch ersparte Lohnkosten, etwa im Fall von Kurzarbeit.“

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