BGH, 05.10.2022 – VIII ZR 307/21
Wenn Mieter die Miete nicht oder nicht vollständig zahlen, kann dies Vermieter finanziell sehr belasten und an ihre finanziellen Grenze bringen, da die Kosten für die Wohnung und auch die Betriebskosten dennoch weiter vom Vermieter getragen werden müssen.
Der Gesetzgeber hat im § 543 Abs. 2 Satz 3 festgelegt, dass der Vermieter gegenüber dem Mieter eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen kann, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Wenn Mieter die Miete schuldig bleiben, schwindet das Vertrauen des Vermieters in den Mieter massiv. In so einem Fall ist es verständlich, dass der Vermieter das Mietverhältnis in jedem Fall beendet haben möchte.
In diesen Fällen wird bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen nicht bezahlter Mieten zudem hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Bei der ordentlichen Kündigung richtet sich das Ende der Mietzeit nach den Kündigungsfristen gemäß § 573c BGB.
Die außerordentliche fristlose Kündigung kann durch die Zahlung der ausstehenden Miete, die sogenannte Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) abgewendet werden.
Doch hat dies auch Auswirkung auf die zeitgleich ausgesprochene ordentliche Kündigung?
Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg (26.02.2020 – 5 C 156/18) hatte der Räumungsklage aufgrund der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Das Landgericht Berlin (20.08.2021 – 66 S 98/20) hat das Urteil abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen.
Der BGH folgte der Ansicht des Landgerichts nicht. Der Vermieter habe einen Anspruch gegen den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aufgrund der ordentlichen Kündigung. Die Schonfristzahlung habe lediglich Auswirkung auf die außerordentliche Kündigung.
Die Bundesrichter widersprachen der Auffassung des Landgerichts, dass das Schweigen des Gesetzgebers zur bisherigen Rechtsprechung der Zivilgerichte ein ausreichend objektiver Anhaltspunkt für den Bestätigungswillen angesehen werden könne. Vielmehr stellten die Bundesrichter fest, dass der Gesetzgeber die streitgegenständliche langjährige Rechtsprechung gerade nicht unbeanstandet stehen gelassen hat.
Vielmehr seien Gesetzesvorgaben, die den Anwendungsbereich von § 569 BGB erweitern nicht weiterverfolgt und entsprechende Gesetzesanträge ausdrücklich abgelehnt worden. Deshalb entspreche die derzeitige eingeschränkte Wirkung der Norm sehr wohl den Willen des Gesetzgebers, „so das der an Gesetz und Recht gebundene Richter […] Diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war.“